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Werkschau
Heute habe ich ein Meisterstück bekommen und veranstalte dazu eine Vernissage. Den Katalogtext dazu habe ich schon fertig:
Künstler: Bernd das B., Mitglied des Künstlerkollektivs KiKa, ca. 2003
Material: Raufasertapete auf Mauer
Das in Zusammenarbeit mit lokal ansässigen Handwerkern aus billigem Baumaterial errichtete Werk über den Denker der freien Verausgabung und Kritiker der Nützlichkeit steht den Anwohnern zur Schau – ein Experiment zwischen Erfolg und Scheitern, das mit seinen verschiedenen Problematiken den noch immer schwierigen Dialog zwischen zeitgenössischer Kunst und den sogenannten „kunstfernen Bevölkerungsschichten“ offenlegt.
Anders als das Vorgängerwerk beharrt das aktuelle aber wieder auf der gesellschaftspolitischen Verantwortung der Kunst; statt auf ästhetischer Autonomie besteht der Künstler in vielen Aspekten der präsentierten Arbeit dezidiert auf einer „funktionalen Einbindung der Kunst“.
Das Verdienst des Künstlers ist es, die Frage nach der politischen Qualität der Kunst nicht mehr vorrangig in Denkmodellen der Moderne, sondern in solchen der Postmoderne zu stellen. Proklamiert wird der Verlust der Utopie im fortgeschrittenen Kapitalismus und gleichzeitig wird die Auflösung eines hierarchischen Stil- und Formenkanons in der Kunst betont. Eklektizismus ist das Gebot der Stunde, ein „à tout-va“ scheint seit dem Ende des 20. Jahrhunderts möglich zu sein. Beides, der Verlust der Utopie und formaler Eklektizismus, führt zum Ende des Konzepts des einen Großen Narrativs, oder, wie im Katalog formuliert wird, zur Aufgabe des „Glaubens an thematische Enzyklopädien, in denen eine Theorie alle Welträtsel auf einmal löst“.
Für dieses zweite Werk bedeutete diese postmoderne Vorstellung zum einen eine inhaltliche Ausrichtung, in deren Fokus vor allem die Auseinandersetzung mit Kanonisierungssystemen und Methoden der Semantik eine zentrale Rolle spielt. Zum anderen werden in formaler Hinsicht immer wieder die Wechselbeziehungen von Architektur, Design und Kunst untersucht. So verwundert es nicht, dass die Malerei auf dieser Fläche eine deutliche geringeren Einfluss erhält als zuvor und stattdessen Schatten, Grau- und Weißtöne im Vordergrund stehen.