Ein produktiver Tag beginnt mit einer gut gefüllten To-Do Liste, auf der alle wichtigen Punkte aufgeführt sind, die es zu erledigen gilt. Der Profi hat sich dieses Stück schon in der Retrospektive am Vorabend zurecht gelegt und griffbereit am Nachtkästchen platziert. Gleich neben dem Notizblock, der bereit liegt, die nächtlichen Inspirationen aufzunehmen – und eventuell verschütteten Mate Tee aufzusaugen.

Bevor der hypermotivierte Taskbewältiger jedoch zur Tat schreitet, gilt es inne zu halten und sich auf das Einswerden mit dem Universum einzulassen. 47,5 Minuten Meditation lassen den Geist Ruhe finden. Gleich danach soll der körperliche Verfall gebremst, wenn nicht gar angehalten werden. Also 63 Minuten Cross-Fit, beim Yoga oder Bodyweight Übungen. Gefolgt von der Zubereitung des intelligenten Frühstücks-Smoothies mit Chia, Goji Beeren und Brennnesseln. Das gibt Kraft ohne zugleich zu sehr zu belasten. Nach 17,5 Minuten Körperpflege geht es zum Schreibtisch.

Vor den Pflichten darf ein wenig Ablenkung nicht fehlen, wer möchte denn schon bei der Telefonkonferenz der Einzige sein, der die Anspielung auf die aktuellsten Ereignisse nicht versteht? Da empfehlen die Medienexperten eine balancierte Auswahl von fünf Tageszeitungen, drei Wochenzeitschriften und nicht weniger als sieben monatlich erscheinenden Publikationen. Wie lange man dafür braucht, geben die Vorbilder merkwürdiger Weise nicht präzise an, Gerüchte sagen alles von 30 bis hin zu 105 Minuten. Ganz wichtig, aber von einem auf Höchstleistungen getrimmten Mitmenschen nie zugegeben, ist auch der Blick in die sozialen Netzwerke, wobei hier der Durchschnitt bei 2,5 Stunden liegt, gemessen von den Technologieunternehmen.

Jetzt könnte es mit den To-Dos losgehen, aber es ist Mittagszeit. Eine gesunde Ernährung setzt eine gewisse Regelmäßigkeit voraus. Die Zubereitung des gedünsteten Grünkohls mit pochiertem Sauerampfer und selbst gezogenen Brokkoli-Sprösslingen ist zugegeben etwas zeitaufwändig, aber das holt man Dank der Wirkung wieder ein. Davon bin ich felsenfest überzeugt!

Nach der Belustigung aber noch vor dem Arbeitsbeginn muss sich der effizienteste Leistungserbringer aber noch um die persönliche Weiterentwicklung kümmern. Sonst wird man heutzutage einfach abgehängt. Wer nicht mindestens vier Sprachen lernt, hat bald keine Chance, in der pluripolaren Welt Verständigung und schon gar nicht Verständnis zu finden! (Nur zur Ergänzung: die fünf Weltsprachen sind natürlich vorausgesetzt.) Gleich im Anschluss liegt es nahe, die Lektüre zu bewältigen. Bekanntlich liest ein CEO jede Woche mindestens ein Buch; wer mitreden will, liest zwei.

Bei all diesen Vorbereitungen stand das Individuum im Zentrum. In der modernen Arbeitswelt ist allerdings vernetztes Denken gefragt und zum Bilden fester sozialer Kontakte, klinkt sich der Selbstoptimierer in eine 90 Minütige Session am Hometrainer per Videolink ins virtuelle Fitnessstudio ein. Statt der Anfahrt bleiben also 30 Minuten, um sich mit Gleichgesinnten über Tipps und Tricks auszutauschen und trotzdem hat man Zeit gespart.

Während der Dusche stellt der Prduktivitätseiferer fest, dass der Arbeitstag schon gelaufen ist und es Zeit wird, sich in der reflektiven Phase des Tages auf den folgenden vorzubereiten. Erschöpft von des Tages Werk aber mit Stolz gefüllt, so hervorragend effizient gewesen zu sein, wird dieselbe To-Do Liste auf dem Nachtkästchen platziert.